Der hybride „Kreuzzug“ des Kreml: Kaiserliche Orthodoxe Palästina-Gesellschaft

Eine Übersetzung des Artikels der Sektion Bravo auf sprotyv.info.

Es wäre sehr naiv anzunehmen, das der Kreml die 10 Gebote mit Erscheinen der sogenannten „Gerasimov-Doktrin“ umschreibt. Zahlreiche Untersuchungen und Archiv-Quellen bestätigen, das religiöse Strukturen (in unserem Fall die Russische Orthodoxe Kirche und ihre Verzweigungen – sprotyv.info) schon sehr lange Werkzeuge des KGB/FSB sind und von den russischen Besatzern zur Durchführung aggressiver Aktionen eingesetzt werden. Manchmal auch ohne die militärische Komponente. Einige Elemente der „Russischen Welt“ kann man in verschiedenen Phasen der Hybriden Aggression dr Russischen Föderation gegen den Rest der Welt beobachten – die Kaiserliche Orthodoxe Palestina-Gesellschaft.

Die „Friedensstifter“ des Regimes

Die 1882 gegründete orthodoxe Palestina-Gesellschaft versteht sich als „Bewahrer der heiligen russischen Erde“. Die Bezeichnung „kaiserliche“ wurde dem Namen der Gesellschaft im Jahre 1889 hinzugefügt. Nach der Revolution 1917 wurde die Gesellschaft in zwei Teile aufgeteilt – den in- und ausländischen Teil. Im darauf folgenden Jahr wurde die russische Abteilung zur „Russischen Palestina-Gesellschaft in der Akademie der Wissenschaften“.

Nicht ganz ohne Mitwirkung der Russischen Orthodoxen Kirche und Ihrer Kuratoren aus den Reihen des KGB wurde 1992 der Zusatz „kaiserlich“ dem Namen wieder hinzugefügt. Die Gesellschaft nimmt ihren Platz zwischen den internen und externen Instrumenten des Kreml ein, als diplomatischen-aufklärungs und religiösen Komponenten in den Verbänden und der Umsetzung des politischen Kurses des russischen Regimes.

Die IPPO umschreibt die grundlegenden Ziele ihres Wirkens in der Zusammenarbeit mit der Russisch Orthodoxen Kirche als „geistigen und friedensstiftenden Dienst“ in Russland, dem Nahen Osten (genauer in Israel und Palestina), in der Mittelmeerregion und anderen Teilen der Welt. Die „Unterstützung“ zeigt sich in der „Aufrechterhaltung der Position des Kreml im Nahen Osten, die Rückgewinnung russischen Eigentums, der Stärkung der geistlichen, kulturellen und humanitären Beziehungen zwischen Russland und den Völkern und Staaten des Nahen Ostens“ und natürlich dem Schutz „christlicher Werte“.

Die IPPO arbeitet legal auf der Grundlage eines bilateralen Abkommens mit dem Außenministerium der Russischen Föderation, während der russische Außenminister Sergej Lawrow Ehrenmitglied der Organisation ist. Unter den Mitglieder befinden sich viele bekannte Gesichter, wie der moskauer Patriarch Kirill Gundyaev, der Duma-Abgeordnete Sergej Mironov, die heutigen und ehemaligen Bürgermeister Moskaus Sergej Sobjanin und Juri Luschkow, sowie hochrangige Geistliche, einflussreiche Geschäftsleute, die Elite aus Kultur und Wissenschaft.

Seit 2007 wird die kaiserliche orthodoxe palästinensische Gesellschaft von dem Karriere-KGB-Offizier Sergei Stepashin geleitet. Ein weiterer „Petersburger“, der seinen Posten als Leiter des FSB nach dem Terroranschlag in Budenowsk 1995 verlor. Das Scheitern der russischen Geheimdienste hat nicht nur ein Kreuz hinter seine weitere Kariere gesetzt, sondern ihn auch den Posten des ersten stellvertretenden Premierministers und Chef des Innenministeriums, des Premierministers der Russischen Föderation befördert. Der aktuelle „Ehrenbeweis“ ist wichtig für die imperialen Ambitionen des Kreml und sagt viel darüber, das man einen wertvollen Spezialisten in die zweit Reihe versetzt, ihm aber nicht seinen Status genommen hat.

Zwei enge Freunde (Quelle: sprotyv.info)

Verschiedene Quellen versichern uns, das die Familien von Putin und Stepaschin eng befreundet sind, das Sergej Vladimirowitsch inoffizieller Leiter aller aus dem Geheimdiensten ausgeschiedenen mit „liberalen Anstrich“ ist. Es ist einfach ein idealer Kandidat für die Durchführung hybrider Operationen mit unterschiedlichsten Zielen. Angefangen bei der inneren Funktion – dem Ausbalancieren der verschiedenen Gruppierungen der Staatsdiener, der Diskreditierung von Gegner unter dem Deckmantel der Korruptionsbekämpfung. Bis hin zu externen Aufgaben, die Idee der „russischen Welt“ im Interesse des Kreml zu verbreiten, die Bildung der eigenständig funktionierenden „Republiken“, die Umsetzung der Methoden der hybriden Kriegsführung.

Die geistigen Zwänge

Wie die IPPO die imperialen Interessen des Kreml verteidigt, wird am sogenannten „Syrischen Projekt“ sehr deutlich. Unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe mit Mitteln der Russischen Orthodoxen Kirche, des Innenministeriums und des Ministeriums für Katastrophenschutz der Russischen Föderation, mit Unterstützung der Orthodoxen Kirche, der lokalen Geistlichen, setzt die IPPO die russischen Interessen durch. Die Legitimierung der russischen Militärpräsenz in der Region ist eine dabei eine wichtige Komponente. Das Wirken der Gesellschaft öffnet „gesellschaftliche“ Türen zum syrischen Premier-Minister, Mitgliedern der Regierung, religiösen und gesellschaftlichen Größen.

Hier sind die beliebtesten Methoden der „Parteigenossen“ des Kreml schon im Spiel: Bestechung, Erpressung, Rekrutierung. Das hat Auswirkungen auf viele Aspekte die weiteren Entwicklung. Besonders die Förderung der wirtschaftlichen, politischen und ideologischen Interessen des Kreml.

Der „stille Saft“ führte faktisch dazu, das die IPPO Eigentum erlangte oder es unter die Kontrolle des Russischen Orthodoxen Kirche gelangte. Es geht dabei um eine bedeutende Anzahl orthodoxer Heiligtümer in Jerusalem, Nazareth, Bethlehem, Jerusalem und Hebron – die formal zum Ökumenischen Patriarchat gehören. Es wird sehr schwierig werden, sie wieder unter den Einfluss von Konstantinopel zu bringen. Die Anhänger der „geistigen Zwänge“ küssen Reliquien unter dem Vorwand von Absprachen der IPPO und des Innenministeriums der Russischen Föderation mit den führenden Köpfen des feindlichen Israels und Palestinas zur Gewährleistung ihrer Sicherheit. Es ist erschreckend, wenn man daran denkt, das die Tschekisten Absprachen in unvorhergesehenen Situationen zu ihren Gunsten ausnutzen.

Gegen die ukrainischen Autokephalie

Die Gesellschaft ist eines der wichtigsten Instrumente, dem Erhalt der Autokephalie der ukrainischen orthodoxen Kirche entgegenzuwirken. Bereits Anfang Februar 2014 wurde eine Koordinationsgruppe des ukrainischen Exarchats (also der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats) gebildet, zu der Vertreter für kirchliche Außenbeziehungen, des Innenministeriums der Russischen Föderation, eines Expertenrates und der IPPO gehörten.

Eine der Hauptaufgabe dieser Arbeitsgruppe war es, die Weltöffentlichkeit auf die Einmischung der Russischen Föderation in Beziehungen zwischen den beiden Kirchen vorzubereiten Die Propaganda des Kreml konzentrierte sich darauf, die „Verletzung der Rechte der Gläubigen in der Ukraine“ anzuprangern, wobei die Verterter der IPPO und der Russischen Orthodoxen Kirche gelangte eine intensive Aufklärungsarbeit leiteten. Schon 2014 „umgarnte“ Kirill Gundyaev die führenden Vertreter der Autokephalie, parallel dazu traf sich das Oberhaupt der IPPO Sergej Stepaschin thematische Besprechungen mit Papst und seinem Umfeld. „Im Verlaufe des Treffens diskutierten wir Fragen, wie die Hilfe und Unterstützung von Christen im Nahen Osten, die Frage der Gleichberechtigung aller Glaubensrichtungen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine, sowie Fragen der Verbreitung von Christlichen Werten“ sage Stepashin später dazu.

Später trug die Organisation zur russischen Besetzung der Krim und zum Teil des Donbass bei. Ihre Vertreter, besonders die Vertreter der Russisch Orthodoxen Kirche und seine Ableger in der Ukraine haben die bewaffneten Kräfte finanziell unterstützt, das waren die „Allmächtigen Don-Kosaken“ sowie die „Heilige Russische Armee“. Man beschäftige sich auch mit Anwerbung und Entsendung von Söldnern Richtung Donbass.

Heute gelten die wesentlichen Anstrengungen der IPPO in ukrainischer Richtung der Legalisierung der Pseudo-Republiken und der Installierung der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats. Im Großen und Ganzen waren sie erfolgreich. Im sogenannten Kreuzzug des ukrainischen der Russisch Orthodoxen Kirche, organisiert vom orthodoxen Oligarchen Novinskij auf Kosten des russischen Steuerzahlers, wurden wesentlich Punkte durch Vertreter der IPPO bestimmt. Das kann man der offen gezeigten Symbolik und Kleidung der Teilnehmer erkennen. Aber aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen hatte so ein „Massen-Ereignis“, welches auch in russischen und ukrainischen Medien aufgegriffen wurde, nicht den Weg in den Live-Ticker der IPPO-Website gefunden. Und alle veröffentlichen Fotos von dem Ereignis, die das Zeichen der Organisation zeigen, werden im Internet aufgespürt und gelöscht.

Die „russsiche Welt“ in einem Bild: IPPO vor dem ehemaligen Lenin-Museum in Kiew (Bild Quelle: sprotyv.info)

 

Man muss sich vorstellen, das in der Ukraine 4 (!!!) Filialen der IPPO arbeiten: in Kiew, Odessa und in den besetzen Simferopol und Sewastopol.

Wie das Feuer über der Fackel

Im Jahr 2017 hat die Imperiale Orthodoxe Palestina-Gesellschaft versucht ihre Filiale in der Türkei zu legitimieren, im dem Sie versuchte die türkische Niederlassung der IPPO zu gründen. Natürlich geschah das alles unter der Deckmantel der Förderung der Orthodoxen Kirche, der Pilgerfahrt, der Entwicklung humanitärer Zusammenarbeit mit den Völkern im Nahen Osten, zum Beispiel bei der Versorgung mit Hilfsgütern nach der Bombardierung durch die russische Armee, als Millionen aus Syrien flüchteten.

Sogar der ökumenische Patriarch Bartholomäus versuchte sich einzuschalten, indem er darum bat, den Segen während der Eröffnungsfeier der Türkischen Abteilung sprechen zu dürfen. Zu diesem Zweck wurde ein Treffen Wladyks mit der russischen Delegation organisiert, zu der der Vorsitzende der IPPO Stepashin, der russische Botschafter in der Türkei A. Erchow, der Generalkonsul der Russischen Föderation in In Istambul A.Podiolyshev, der stellvertretende Direktor der Auslandsabteilung des Innenministeriums der Russischen Föderation für den Nahen Osten und Nordafrika A. Rudakova und dem Leiter der örtlichen Niederlassung der IPPO Farooq Ogryuk organisiert.

Die Idee der Verfechter der „russischen Welt“ erhielt aber letztendlich nicht die Unterstützung von Bartholomäus. Darüber hinaus wurde es sogar als unmittelbare Bedrohung der Orthodoxen Kirche von Konstantinopel verstanden und als direkten Angriff wahrgenommen.

Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Fanar kennt das Wesen der IPPO: „Der Background“ des Wirkens der IPPO stammt aus dem 19/20 Jahrhundert und untergräbt die Autorität der Orthodoxen Kirche von Konstantinopel und diskreditiert diese. Außerdem arbeitet man in Konstantinopel schon aktiv mit den Pilgerzentren und den lokalen Kirchen als auch anderen christlichen Konfessionen zusammen, erleichtert den Besuch orthodoxer Heiligtümer, unterstützt internationale Hilfsorganisationen bei der Versorgung von Flüchtlingen. Im Ökumenischen Patriarchat konnte man nicht die „besondere Rolle“ der von Russland geführten IPPO verstehen.

Letztendlich wurde die staatliche Registrierung mit großem Aufwand vorbereitete Eröffnung der türkischen Niederlassung der IPPO nicht erteilt, damit ist eine legale Arbeit nicht möglich. Die Gründen finden sie weiter oben. Dazu haben auch die negativen Erfahrungen mit den orthodoxen Tschekisten in Istambul währen der vergangenen Jahrhunderte beigetragen. Worüber Fanar natürlich die türkischen Behörden informiert hat.

Die Ablehnung wird höchstwahrscheinlich nur den Kreml provozieren und weitere Versuche auslösen, die Führung in der orthodoxen Welt zu übernehmen.

Der Kreuzzug des Kreml

Offiziell verfügt die IPPO zur Führung der hybriden Aggression des Kreml über 26 Niederlassungen im Ausland. Inoffizielle Missionen, Vertretungen oder zeitweise Vertreter führen Operationen im gesamten Nahen und Mittleren Osten sowie Nordafrika durch. Büros und Niederlassungen der IPPO (mit unterschiedlichem Status) arbeiten in Bulgarien (Varna), Deutschland (Darmstadt), Griechenland (Thessaloniki), Zypern (Lanarka), Palästina (Bethlehem), Israel (Jerusalem), Jordanien (Amman), Litauen (Riga), Estland (Tallinn), Syrien (Damaskus), Bosnien & Herzegowina (Serbische Republik), Montenegro, Moldawien, Malta und in den nicht anerkannten „Staaten“ Abchasien und Transnistrien.

Wenn man sich die Arbeitsmethoden und Kuratoren anschaut, können alle Niederlassungen der IPPO als eigenständig betrachtet werden. Die imperiale orthodoxe Palestina-Gesellschaft wurde schon vor langer Zeit in einen elitären geschlossenen militärisch-religiösen Orden umgewandelt, der zunehmend die propagandistische und religiöse Politik des Kreml unterstützt. Der breite tschekistisch-religiöse Hintergrund ermöglicht es ihnen, leicht Operationen durchzuführen und nachrichtendienstliche Tätigkeiten auszuführen, Aufklärungs- und Sabotage-Maßnahmen zu koordinieren, sowie die Bevölkerung und Regierung zu manipulieren. Genau so, wie das russische Volk über die wahren Hintergründe der Regierungs-Politik zu täuschen. Aber dazu später.

Wir stellen fest, das die Arbeitsmethoden des „petersburger-tschekistischen“ Klans sehr ausgereift und effektiv sind. Aber die Welt verändert sich. Und man lernt zu reagieren und den hybriden agressiven Methoden zu widerstehen. Ein Beispiel die Ausweisung zweier russischer Diplomaten aus Griechenland, die der IPPO verbunden waren und beschuldigt wurden, sich in die inneren Angelegenheiten des Landes einzumischen. Genauso wie Handlungen, die sich gegen die nationale Sicherheit Griechenlands richteten, genauer gesagt, die Gewinnung von Informationen und der Versuch, griechische Beamte zu bestechen. Genauer gesagt, alles, was wir über die IPPO bisher geschrieben haben …

Sektion „Bravo“ der Gruppe Informationeller Widerstand (sprotyv.info)

Quellen und weiteres Material