Der russische Frieden
Der Jahreswechsel 2017 / 2018 war für das Russland Putins sehr ungemütlich. Die Freunde des hybriden Krieges scheitern an allen Fronten. Die Ereignisse zum Jahreswechsel 2017 in Syrien, nach dem Putin das siegreiche Ende der Militäroperation in Syrien verkündet hat, riefen nicht nur die üblichen Internet-Memmen auf den Plan. Erinnern wir uns, die russische Luftwaffe hat mehrere Militärflugzeuge verloren, zahlreiche Soldaten wurden getötet oder verletzt. Die Situation in der Ukraine könnte dadurch eskalieren.
Der Ruf der glorreichen russische Armee hat in Syrien stark gelitten. Auch die zunehmenden Sanktionen, die 2018 noch weiter zunehmen sollen, sprechen für ein neues Szenario der Russischen Föderation im Donbass. Wir sollten auch den Präsidentschaftswahlkampf in Russland nicht vergessen, in dem sicherlich Versuche unternommen werden, die Wähler für die russischen imperialen Ambitionen zu begeistern. Wenn sie sich von den Misserfolgen erholt haben, werden sie versuchen das Maximum aus der Situation in der Ukraine für sich herauszuholen.
In der Russischen Föderation, wo Schwarz für Weiß gehalten wird, kann es auch passieren, das der größte Mörder des 21. Jahrhunderts zum »Friedensstifter« wird. Das Schwungrad der zivilisierten Welt, das zur Befriedung des Donbass in Gang gesetzt wurde, engt den Bewegungsradius des russischen Königs immer weiter ein. Aber aufgrund langfristig ausgelegter Fallstricke und »verzögerter« Minen hat Putin öfters die Chance, seine Gegner um den Finger zu wickeln. Aus diesem Grunde müssen die ukrainische Regierung und ihre Verbündeten die Aktivitäten des Kreml-Betrügers im Blick behalten.
In der Umgebung Putins wird eine eigene offene Aggression gegen die Ukraine als eine mögliche »friedenserhaltende« Variante betrachtet. Und das mit Ködern, denen sich kein Vertragspartner entziehen kann. Angesichts der mangelnden Fortschritte des Westens bei den Verhandlungen über den Donbass schlägt man vor, die Option »weder meins noch deins« wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Dabei verweisen sie auf die Möglichkeit schneller Erfolge.
Natürlich stammt diese »Friedens-Initiative« von Putin. Nach seinen Vorstellungen soll das so aussehen: Ein internationales Friedens-Kontigent darf auf dem besetzten Gebieten bis hin zur russisch-ukrainischen Grenze aktiv sein, die der Westen einfordert. Zur gleichen Zeit werden auch Friedenstruppen entlang der heutigen Kontaktlinie (Frontlinie) stationiert, wie es Russland fordert. Das ist sicherlich ein gewaltiger Schritt nach vorn, da die russischen Verhandlungen in einer Sackgasse beginnen werden.
Der Einmarsch der Friedenstruppen auf das von der Russischen Föderation besetzte Gebiet der Region Luhansk soll auch zu russischen Bedingungen erfolgen. Das bedeutet in der Praxis, dass die zwischenstaatliche Grenze von russischer Seite gezogen wird. Auch die lokale Verwaltung aus örtlichen Ureinwohnern und russischen Geheimdienstmitarbeitern bleibt bestehen. Mit Letzterem wird Kiew der direkte Dialog aufgezwungen.
Territoriale Frage
Die russischen Invasoren machten die russisch-ukrainischen Grenze seit 2014 zu einem vorübergehenden unkontrollierten Teil der Ukraine in der Region Luhansk. Die Besatzer errichten technische Anlagen zur Grenzsicherung. Im Verlaufe der kriegerischen Auseinandersetzungen haben die russischen Besatzer die Grenze mehrfach verschoben. Jedes Mal wurden neue Zäune und Einrichtungen errichtet.
Auch im vergangenen Jahr haben die Bautätigkeiten nicht nachgelassen. Der Zweck dieser Aktivitäten liegt auf der Hand. Ziel ist es, taktisch vorteilhafte Positionen einzunehmen, falls die Ukraine Versuche unternimmt seine territoriale Souveränität wiederherzustellen.
Es geht dabei weiniger um drei Beete der örtlichen Gärtner, die man verliert. Sondern es geht vielmehr darum, dass Russische Föderation systematisch ukrainisches Territorium abschneidet. Diese Daten müssen gesichert und im Rahmen entsprechender Prozesse vor internationalen Gerichten veröffentlicht werden. Bis dies geschieht, wird unser Land ein ungelöstes territoriales Problem mit einem unzugänglichen Nachbarn haben. Das ist letztendlich ein eingefrorener Konflikt.
Direkter Dialog mit dem FSB und der Zusammenbruch der Ideen des »neuen Russland«
Wie bereits erwähnt, wächst der Einfluss des russischen Dienste FSB und GRU in den besetzten Gebieten kontinuierlich. Zentrale Position in den lokalen Organisationen werden durch Mitarbeiter russischer Dienste besetzt. Es kommt teilweise zu Interessenskonflikten zwischen den beiden konkurrierenden Einrichtungen. Nach dem Putsch und der Flucht des Anführers der »LNR« Plotnitzki nach Moskau nahmen die Rivalitäten weiter zu. Auch die lokale Wirtschaft, soweit diese überhaupt noch vorhanden ist, steht unter der Kontrolle russischer Kuratoren. Ziel ist es alle Unzufriedenen zu finden und »umzuerziehen«.
Auch in den Reihen der Soldaten kann man einen kontinuierlichen Rückgang der moralbeobachten. Kaum einer glaubt noch an die »leuchtende Zukunft«, die man ihnen einst versprochen hatte. Es ist allen bewusst, dass sie nur noch Spielfiguren im politischen Spiel sind.
Es gibt noch eine weitere interessante Entwicklung. Nach dem Machtwechsel in der »LNR« kehren viele militärische Führungspersönlichkeiten kehren auf ihre früheren Positionen in der Wirtschaft zurück. Gleichzeitig wurde das vorhandene Personal ausgedünnt.
Alles ist bereit für die Entsendung von Friedenstruppen und die flächendeckende Kommunikation mit Kiew. Mit der Forderung Moskaus an Kiew, die eigene Gesetzgebung zu ändern, will man den eigenen Einfluss auf die Entwicklungsprozesse sichern. Besser gesagt, man will jede Entwicklung im Keim ersticken.
Schwarzes Loch
In der »DNR« wird vermutlich auch das russische Szenario umgesetzt, wo Friedenstruppen entlang der Kontaktlinie zu stationieren um den OSZE-Beobachtern etwas Sicherheit zu bieten. Russland, dass dieses Szenario umsetzen will, verfolgt ein Ziel damit. Es will die besetzten Gebiete als Zone eines eingefrorenen Konfliktes verlassen. Aber warum ausgerechnet hier? Die jahrzehntelange pro-russische Propaganda mit den gängigen Kreml-Methoden hat dazu geführt, dass es in diesen Gebieten zahlreiche Anhänger dieser russischen Welt gibt. Im gleichen Augenblick sinken die Ausgaben Russlands für die Pseudo-Republiken. Man kann sich dann ganz auf den Handel mit der anderen Republik konzentrieren.
Die Friedensmission kommt dem Kreml zugute
Vor dem Hintergrund der sich verschlechternden Situation an allen Fronten – in Europa, in Syrien, in den USA, in der Innenpolitik und der Wirtschaft – wäre das für die Kreml-Zwerge die optimale Option, die besetzten Gebiete weiter zu kontrollieren und die Ausgaben zu reduzieren.
Zurück zur eigentlichen Analyse, den Ursachen der Friedensbemühungen durch den russischen Präsidenten in den besetzen Gebieten. Ein solches Szenario, ein demonstrativer Wunsch beruht auf dem naiven Wunsch der westlichen Öffentlichkeit, Frieden im Donbass zu schaffen. Und es ermöglicht ihm, die vollständige Kontrolle über diese Gebiete zu behalten. Durch die vollständige Kontrolle der lokalen »Mächte« und der »Armeekorps« ist Russland in einer sehr guten Ausgangsposition.
Vom Standpunkt der großen Politik aus betrachtet, wäre es sogar möglich, dass der Westen zu Zugeständnissen bei den Sanktionen bereit ist. Gleichzeitig ergeben sich weitere Optionen, die Lobbyarbeit in Europa und in Amerika auszubauen.
Und Putin persönlich bietet sich die einmalige Chance, sein Image als »Friedenstaube« in den Augen seiner Wähler zu verankern, und die Situation als »direkte Verhandlungen der Ukraine mit den Seperatisten« darzustellen. Letzteres wäre faktische Anerkennung der Pseudo-Republiken durch die Ukraine.