Die russischen Manöver an der Grenze zu NATO-Staaten erhöhen das Risiko von Agressionen

Eine Übersetzung des Artikels auf sprotyv.info der auf Material der New York Times beruht.

Für das Ende des Sommers bereitet Russland die Entsendung von bis zu 100000 Soldaten an die östlichen NATO-Außengrenzen vor. Das ist die umfangreichste Verlegung militärischer Kräfte, die der russische Präsident Wladimir Putin angeordnet hat, sowie ein Versuch der Einschüchterung, wie wir es aus den Zeiten des Kalten Krieges kennen, schreibt die New York Times.

Die Streitkräfte werden militärische Manöver, auch bekannt als „West 2017“, in Weißrussland, der Ostsee, im westlichen Russland und in der russischen Enklave Kaliningrad durchführen. Für die Übung werden Panzer-Armeen nach dem Vorbild und zu Ehren der ruhmreichen ersten Garde-Panzerarmee aufgestellt. Das ist das Erste mal nach dem Zerfall der Sowjetunion, das eine so große Zahl von offensiven Kräften unter einem Kommando zusammengefasst wird.

Die militärischen Übungen wurden vor einigen Monaten vorbereitet und sind keine Reaktion auf die verschärften ökonomischen Sanktionen gegen Russland, die der Kongress vergangene Woche verabschiedet hat.

Dieser Schritt ist Teil größerer Anstrengungen Putins zur Stärkung der militärischen Position der Russischen Föderation. Neben der Einmischung Russlands in die amerikanischen Präsidentenwahlen 2016 zugunsten von Donald Trump, hat Russland in den vergangenen Jahren seine Streitkräfte nach Syrien geschickt, die Krim besetzt und sich im Osten der Ukraine engagiert, provoziert die baltischen Staaten mit unerwarteten Manövern sowie Flugzeuge und Schiffe der NATO.

Die Ausweitung der Sanktionen von Seiten der USA und seiner europäischen Verbündeten nicht dazu geführt, das das isolierte Russland, das Putin von seinen Positionen abgerückt ist, wie das Manöver „Westen 2017“ deutlich zeigt.

Noch kritischer Äußern sich hochrangige amerikanische Militärs, die davon ausgehen, dass die Manöver zum Ausbau militärischen Präsenz Russlands in Weißrussland dienen können, in einem zentral-europäischen Land, welches an drei wichtige NATO-Verbündete grenzt, an Polen, Litauen und Lettland.

»Ein großes Problem besteht darin, das sie nicht bereit sind, sich zurückzuziehen, und das ist keine Paranoia« – sagte Toni Tomas, der Kommandierende für Spezialoperationen, im Juni auf einer nationalen Sicherheitskonferenz in Aspen (Bundesstaat Colorado).

Westliche Militärs gehen nicht davon aus, dass die USA und Russland am Rande eines Krieges stehen. Aber sie betonen besonders, dass die verstärken militärischen Übungen Russlands zu unvorhersehbaren Zusammenstößen führen können.

Russlands Armee

Quelle: Pixabay User: WikiImages

Das Manöver „Osten“ ist ein Relikt des Kalten Krieges, welches 1999 wieder zum Leben erweckt und 2009 und 2013 erneut durchgeführt wurde. Russland hat eine große Anzahl von Eisenbahnwagen bereitgestellt, die ausreicht 4000 Panzer und andere schwere Ausrüstung nach Weißrussland und zurückzuverlegen.

Heute befinden sich schon ungefähr 1000 Soldaten der Luftverteidigung und der Nachrichtentruppen in Weißrussland, sowie Pioniereinheiten, die die Feldlager vorbereiten. Die ersten Einheiten der russischen Armee, welche an dem Manöver teilnehmen sollen, werden Mitte August erwartet. Die anderen Einheiten kommen im Verlaufe der Übung „Westen“, die zwischen 14 und 20 September stattfinden soll, dazu.

Die Vereinigten Staaten haben ausreichend Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Zum Beispiel wurden 600 amerikanische Fallschirmjäger in die drei baltischen NATO-Mitglieder für die Zeit des Manövers „Westen“ entsandt, die von amerikanischen Einheiten in Polen unterstützt werden.

„Wir sind vorbereitet“, sagte Generalleutnant Frederik B. Hodges, Kommandeur der US-Armee in Europa.

Die verdeckte Teilnahme Russlands 2014 während der Kampfhandlungen in der Ost-Ukraine und die schnelle Besetzung der Krim sieht wie Vorbereitung eines hybriden Krieges, eines kombinierten Cyber-Krieges, einer umfangreichen Desinformations-Kampagne unter Einsatz hoch qualifizierter und spezialisierter Kräfte und lokaler Politiker.

Aber es gibt keine Hinweise auf einen Einsatz der riesigen Panzer-Armee, die für die Übung „Westen 2017“ bereit steht.

Die 1. Gardepanzerarmee, welche aus verschiedenen Einheiten anderer Gruppierung, einschließlich der elitären Motschützen- und Panzer-Divisionen aus Moskau, gebildet wurde, hat eine lange Tradition. Die stand der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg bis zur Eroberung von Berlin gegenüber und war Teil der sowjetischen Streitkräfte in Ost-Deutschland. Im Jahr 1968 hat diese Einheit an der Invasion in der Tschechoslowakei, an der Niederschlagung des Prager Frühlings teilgenommen.

Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde die Einheit nach Smolensk, unweit der Grenze zu Weißrussland, verlegt, wo sie 1998 unstrukturiert (aufgelöst) wurde. Putin hat sie neu erschaffen, um die militärische Stärke Russlands zu demonstrieren.

Vyacheslav Gusarov beschreibt in seinem Artikel sehr gut, warum sich Russland auf einen neuen Krieg vorbereitet.

„Dieser Name wurde aus irgend einem Grund ausgewählt“ – sagte Philip M. Breedlove, ein pensionierter vier-Sterne General der Air Force und ehemaliger NATO-Befehlshaber. „Das ist eine klare Botschaft an die baltischen Staaten und Polen“.

Außerdem hat Russland in der Nähe von Smolensk, nahe der Grenze zu Weißrussland, eine neue Motschützen-Division aufgestellt, die mit den Panzer-Einheiten eingesetzt werden könnte. Eine hoch-mobile Panzerarmee mit dieser Schlagkraft hat ungefähr 800 Panzer, über 300 Geschütze und einige taktische Raketen-Werfer vom Typ „Iskander“.
Das sind mehr Panzer, als die NATO Einheiten in den baltischen Staaten, in Polen und Deutschland stationiert sind zur Verfügung haben. Nicht eingerechnet sind gepanzerte Fahrzeuge in den Depots, die von zusätzlichen Einheiten aus den USA verwendet werden, sagte Philip A. Karber, Präsident des Fonds Potomak, der die russischen Militär-Operationen in der Ukraine und die Hintergründe analysiert hat.

„Es gibt nur einen Grund, warum die Gardepanzerarmee aufgestellt wird, das ist enorme Schlagkraft “ – sagte General Hodges. „Sie dient nicht der Verteidigung der Heimat. Das bedeutet aber nicht, dass sie automatisch angreifen wird, sie wird eher zur Einschüchterung der Verbündeten dienen.“

Karber warnte aber vor einer Überbewertung der Fähigkeiten der 1. Gardepanzerarmee. Er stellte fest, dass einige Einheiten nicht voll aufgefüllt sind und nicht die modernsten Panzer eingesetzt werden.

Aber wenn dieser Einheiten in Weißrussland vollständig aufgefüllt werden, dann entsteht eine schlagkräftige Angriffs-Gruppierung, und eine Möglichkeit auf den Westen schnell Druck aufzubauen – das ist wesentlich wichtiger für Moskau. Der Zerfall der Sowjetunion bedeutet, dass die russischen Streitkräfte Weißrussland und die Ukraine als Puffer verloren haben.

„Nur die Anwesenheit der 1. Gardepanzerarmee an der polnischen Grenze stellt die NATO vor ein Dilemma“ – sagte Karber. „Verstärkt die NATO das Baltikum oder verteidigt es die östlichen Regionen Polens? Die NATO hat nicht die Mittel alle Regionen gleichzeitig zu verteidigen. Hinzu kommt der politische Druck, denn Russland auf die baltischen Staaten und Polen ausüben kann“.

Russland hat ebenfalls angekündigt, das die 1. Gardepanzerarmee als erste Einheit mit dem neuen Panzer T-14 »Armata« ausgerüstet wird, wie auch mit modernsten Systemen der Luftverteidigung und des Funkelektronischen Kampfes.

Aber die wichtigste Frage ist, ob Russland die Übung „West“ nutzt, um Weißrussland unter seinem Einfluss zu behalten. Weißrussland arbeitet schon lange sehr eng mit Moskau zusammen, seine Einheiten der Luftverteidigung sind mit den russischen Einheiten im Osten vernetzt. Im Zusammenhang mit Meinungsverschiedenheiten zwischen dem autokratischen Präsidenten des Landes Alexander Lukaschenko und Putin wurde berichtet, das Weißrussland gegen eine weitere dauerhafte Stationierung russischer Streitkräfte im Land ist.

Manöver

Manöver Quelle: sprotyv.info

Es wird erwartet, das im Rahmen der Übung Einheiten der 1. Gardepanzerarmee im Westen von Weißrussland ihre Stäbe einrichten und ihre Übungen auf Übungsplätzen in der Nähe von Brest, nahe der polnischen Grenze und bei Grodno, unweit von Polen und Litauen, durchführen werden.

Offizielle Personen Russlands haben der NATO mitgeteilt, das die Manöver mit weniger als 13000 Militärangehörigen wesentlich kleiner sein, als es von westlichen offiziellen Personen angenommen wird. Offizielle Personen der NATO sagen, dass diese Übung zur Überprüfung russischen Planung in einer Auseinandersetzung mit der Allianz dient, in die sogar zivile Einrichtungen einbezogen werden.

„Wir haben zahlreiche Anzeichen dafür, das wesentlich mehr Truppen teilnehmen werden, als offiziell angegeben“ – sagte im Juli der Generalsekretär der NATO Jens Stoltenberg.
Zusätzlich beunruhigend ist, das Russland nicht damit einverstanden ist, das internationale Beobachter die Übung „Westen 2017“ überwachen können. Amerikanische Beamte sagen schon lange, dass die Beobachtung wichtig, besonders weil die westliche Aufklärung sonst Probleme hat, zu erkennen, ob die russischen Aktivitäten nur eine Übung sind oder die Vorbereitung einer militärischen Intervention.

Im Gegensatz dazu haben die USA russischen, chinesischen und sogar nord-koreanischen Beobachtern gestattet den Übungen „Saber Guardian“ in Rumänien, Ungarn und Bulgarien zu beobachten.

Es wird erwartet, das die Anzahl der russischen Soldaten, der Geheimdienst-Mitarbeiter und zivilen Personal 60000 bis 100000 Personen umfassen wird.

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Quelle: sprotyv.info

Eine Frage, die sich NATO-Beamte stellen, ist folgende: Werden alle Truppen mit ihrer Ausrüstung nach der Übung Weißrussland wieder verlassen?
Übersetzung durch die Gruppe „IS“

Quellen

Autor Übersetzung durch die Gruppe „IS“ aus dem englischen
Textquelle sprotyv.info / www.nytimes.com
Bildquelle sprotyv.info / www.nytimes.com
Übersetzer Thomas Bergmann

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