Ein Cowboy mit großem Hut – aber ohne Vieh

Wenn wir über die russische Wirtschaft sprechen, machen wir gerne aus einer Maus einen Elefanten. Die jüngsten Entwicklungen deuten eher auf einen Niedergang der selbst ernannten Supermacht hin, als auf deren Aufblühen.

In unseren Medien wird von vielen Seiten ein anderes Bild gezeichnet. Aber es besteht überhaupt keine Notwendigkeit zur Übertreibung. Die Besorgnis, die man teilweise spürt, steht in keinem rationalen Verhältnis zur wahren Bedeutung Russlands. Langfristig verfügt Russland über nichts, was es retten könnte. Die Bestie ist in die Enge getrieben.

Mit seinen Abenteuern in der Ukraine, in Syrien und seit kurzem auch vor der Küste von Connecticut macht Russland auf sich aufmerksam. Seine militärischen Fähigkeiten sollten nicht unterschätzt werden. Auch nicht die Bereitschaft und Entschlossenheit, diese einzusetzen. Aber die Möglichkeiten Russlands werden maßlos überschätzt.

Auch die gleichzeitigen Cyber-Attacken und eine geschickte Lobbyarbeit hinter den Kulissen während der letzten Präsidentschaftswahlen zeigen den Wunsch, sich einzumischen. Das erinnert stark an den Kalten Krieg. Die Besorgnis wächst nicht ohne Grund.

Die Amerikaner vergleichen Russland mit einem Cowboy, der einen großen Hut hat, aber kein Vieh. Die ökonomischen Mechanismen im Land sind völlig chaotisch. Es gibt fast keine Dynamik, die es der Regierung erlauben würde, die Zukunft zu finanzieren.

Der Bär knurrt wie eine Bestie, die in die Enge getrieben wurde. Sie ist jederzeit bereit, Probleme zu schaffen, um von der eigenen Abwärtsspirale abzulenken.

Russland und die globale Lieferkette: hohes Risiko und geringe Rentabilität

Im Jahr 2011 schien die Welt noch in Ordnung und Russland wurde als wachsende Weltmacht angesehen. Das britische Beratungsunternehmen SCM World machte zu dem Zeitpunkt eine Umfrage unter Zuliefer-Spezialisten zu Kosten, Verlässlichkeit, Risiken und Zukunftspotentialen der BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China.

Die Ergebnisse für Indien und China waren sehr gut. Brasilien konnte vor allem mit seinen geringen Kosten überzeugen. Russland schnitt in diesem Vergleich sehr schlecht ab. Es zeigte sich, dass besonders die Zuverlässigkeit ein großes Problem ist.

Im Jahr 2014 sollten die Fachleute drei Länder nennen, in denen sie nicht aktiv werden wollen, da sie zu riskant sind. Die 115 Teilnehmer der Umfrage nannten Russland an vierter Stelle, nach dem Iran und vor Syrien. Zum Vergleich: Nigeria – ein großer, aber beängstigender Entwicklungsmarkt – stand an elfter Stelle.

In den Jahren 2915 und 2016 sollte die Umfrageteilnehmer drei Länder nennen, in denen die Zulieferer neue Arbeitsplätze schaffen wollen. Im Jahr 2015 lag Russland hinter Thailand, Hongkong und Australien auf dem 19. Platz. Im folgenden Jahr war es der 16. Rang, knapp hinter Malaysia.

Sehr selten wird Russland als eines der kritischen Glieder der Lieferkette – wie Mexiko, Vietnam, Taiwan oder Polen – für Industriegüter genannt. Eine Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat einige Perspektiven Russlands als Teil der globalen Lieferkette aufgezeigt. Trotz seines riesigen Territoriums und seiner Bevölkerung ist sein Beitrag zur Wertschöpfung von Produkten um ein Vielfaches geringer als der Beitrag Deutschlands.

Russland profitiert heute von den Verkäufen von Rohstoffen, insbesondere Öl und Gas, die zusammen mit Kohle 57% der Exporte ausmacht. Aber in Zukunft wird Öl, Gas und Kohle durch erneuerbare Energien abgelöst werden. Die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen wird kontinuierlich abnehmen.
Vorhersage eines Wendepunkts

Wie man mit der Krise fertig wird

Für Unternehmen, die Bestandteil der weltweiten Lieferkette sind, stellt sich die Frage, welchen Platz Russland in der heterogenen Welt des Risikomanagements einnimmt. Bei Russland ist alles anders. Und hier ist alles anders als mit wirtschaftspolitischen Ängsten, die die Handelsbeziehungen der USA mit Mexiko, China oder der Europäischen Union schädigen können. Beziehungen zu Russland bedeuten kaum etwas. In einigen Ländern Westeuropas gibt es Preisschwankungen bei Energie und petrochemischen Erzeugnissen. Aber der langfristige Trend zeigt nach unten. Die Diversifizierung der Lieferanten ist eher ein Puffer, der vor Erpressung schützt, als eine grundlegende Änderung der Strategie.

Eine größere Bedrohung geht von Cyber-Angriffen, aggressiven Militarismus und systematischer Destabilisierung von Institutionen aus, wie auch von gefälschten Wahlen. Das kann zu Problemen bei Wechselkursen, den Transportwegen und Rohstoffpreisen führen. Hier sind ernsthafte Ansätze und Szenarien notwendig, dem geopolitischen Zerfall zu begegnen.

Es lohnt sich auch, sich mit der eigenen Sicherheit zu beschäftigen. Die Institutionen verschiedener Länder unternehmen große Anstrengungen, die Unternehmen über mögliche Schwachstellen in ihrer Lieferkette zu informieren. Auch die Gefahr von Hackerangriffen ist real.

Russland ist eine geopolitische Bedrohung, die langsam austrocknet und stirbt. Schauen wir dabei zu.

Der Artikel basiert auf einer Veröffentlichung bei sprotyv.info – Die russischer Wirtschaft am Abgrund.

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